
Mit einem totalen Außenseitersieg endete vergangene Woche die EPT Prag. Unter mehr als 1.000 Teilnehmern setzte sich der Debütant Julian Track aus der Nähe von Gießen durch und kassierte über €725.000. Der Deutsche hatte das nötige Glück, spielte aber auch so stark und mutig, dass er auf keinen Fall als Zufallssieger bezeichnet werden kann.
Zur Illustration schauen wir uns eine äußerst wichtige Hand aus dem Turnierverlauf an, die Track für sich entscheiden konnte.
Ausgangslage und Spiel vor dem Flop
Noch 37 Spieler sind im Turnier, die Blinds betragen 6.000/12.000 plus 2.000 Ante. Julian Track zählt mit rund 1,2 Millionen Chips zum Vorderfeld, in Führung liegt Landsmann Lasell King mit rund 2,5 Millionen. Gespielt wird die letzte Hand vor der Pause. Nach lauter Folds erhält Track auf dem Button
und bringt damit einen Standard-Raise auf 27.000. Der aggressive US-Amerikaner Ari Engel reraist aus dem Small Blind auf 71.000, Track callt. Im Pot sind 172.000.
Der Flop bringt
Engel setzt 55.000, Track callt, im Pot sind 282.000.
Auf dem Turn wird der
aufgedeckt und Engel spielt weitere 125.000 an, die Track wieder callt. 532.000 sind damit im Pot, ehe der River folgende Karte bringt:
Nun geht Engel mit rund 400.000 All-In, der Deutsche überlegt lange und callt schließlich. Engel muss den kompletten Bluff mit
zeigen, Track gewinnt den Pot und legt den Grundstein für seinen späteren Turniersieg.
Analyse und Bewertung
Vorweg muss gesagt werden, dass ein Spieler mit solchen Calls immer brillant aussieht, wenn er Recht hatte, aber auch ziemlich bescheuert, wenn die Sache schief geht. Erinnert sei nur an Ryan Riess beim WSOP Finale, der mit Dame hoch gegen einen Flush callte und anschließend Hohn und Spott über sich ergehen lassen musste.
Im vorliegenden Fall gibt es aber etliche gute Gründe für einen Call, Julian Track etwa meinte im Interview nach der Hand, er hätte vor allem Angst gehabt, dass sein amerikanischer Gegner eine Sechs getroffen und mit dieser besseren Hand „geblufft“ hätte.
Vor dem Flop ist die Hand aus Tracks Sicht normal gespielt. Er kann mit einem Paar die Hand vom Button eröffnen, ein extrem aggressiver Gegner im Small Blind reraist, aber das heißt im modernen Turnierpoker nicht allzu viel.
Eine 4-Bet ist durchaus erwägenswert, aber vom Button lässt sich dieses niedrige Paar recht gut spielen. Der Flop ändert recht wenig an der Konstellation. Eine Sieben oder eine Sechs befindet sich nur selten in Engels Range, daher ist Track meist immer noch vorne, wenn dies vor dem Flop zutraf.
Der Turn ist da schon deutlich hässlicher.
Nun ist ein Flush angekommen, dessen Draw Engel auf dem Flop durchaus semigeblufft haben konnte, außerdem ist der Bube natürlich eine unerwünschte Overcard, die einigen Händen aus der gegnerischen Range geholfen hat.
Wie Track nach der Hand zurecht anmerkte, sind Flushes aber selten, und außerdem haben viele Reraise-Hände wie AK, AQ, KQ, etc. sowie etliche Bluffs immer noch nichts getroffen. Nicht ganz unwichtig ist auch, dass Track ein Karo selbst auf der Hand hat, das ihm eventuell einen Redraw bringen könnte, wenn sein Gegner kein Karo hat.
Ein Turn-Call bedeutet aber im Grunde auch, dass Track sich verpflichtet, eine weitere Bet, sprich ein All-In, auf dem River zu callen. Die Stackgrößen sind so, dass Track auf jeden Fall Pot Odds von mindestens 2 zu 1 bekommt.
Engels River-Bluff ist konsequent, und Tracks langes Nachdenken zeigt, dass der Call selbst dann noch schwer ist, wenn man sich im Grunde vorher schon dazu entschieden hat. Fast immer kommt eine Karte, die die eigene Hand verschlechtert, und man muss kühlen Kopf bewahren.
Fazit
Julian Track meisterte diese Aufgabe letztlich souverän und callte. Sein Gegner hatte seine Range maximal polarisiert und auf dem River im Endeffekt nichts anderes als einen Flush repräsentiert.
Selbst mit einem Set hätte er womöglich keine Value Bet mehr gebracht. Was im Cashgame ein recht klarer Call wäre, ist in einem Turnier dieser Größenordnung aber ungleich schwerer.
Umso bemerkenswerter, dass der Debütant und spätere Sieger nicht vom richtigen Weg abkam.
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